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Die Organstellung des Geschäftsführers als arbeitgeberähnliche Person, Ausschluss des Geschäftsführers vom allgemeinen Kündigungsschutz nach dem KSchG

I. Kein allgemeiner Kündigungsschutz nach dem KSchG für (Fremd)-Geschäftsführer

Der Geschäftsführer einer GmbH wird für die Gesellschaft in der Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Sein Dienstvertrag ist auf eine Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramts gerichtet. Das gilt unabhängig davon, ob der (Fremd-)Geschäftsführer einen starken Anteilseigner oder einen weiteren Geschäftsführer neben sich hat, der die konkrete Geschäftstätigkeit bestimmend mitgestaltet, vgl. BAG 21.01.2019 – 9 AZB 23/18, Rn. 24, BAG 24.11.2005 – 2 AZR 614/04, Rn. 18, BGH 10.05.2010 – II ZR 70/09, Rn. 7.

Der Geschäftsführer als Organvertreter bleibt nach § 14 I Nr. 1 KSchG vom allgemeinen Kündigungsschutz ausgeschlossen. Dieser Ausschluss vom persönlichen Anwendungsbereich des KSchG verstößt weder gegen das Grundgesetz noch gegen den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Auch wenn ein Geschäftsführer im Innenverhältnis arbeits- oder gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen der Vertretungsmacht unterworfen ist (§ 37 I GmbHG), ändert das nichts an seiner Stellung als Organmitglied im Sinne des § 14 I Nr. 1 KSchG. Beschränkungen im Innenverhältnis sind gemäß § 37 II GmbHGfür die gesetzliche Vertretung im Außenverhältnis ohne rechtliche Wirkung, BAG 21.09.2017 – 2 AZR 865/16, Rn. 24.

II. Negative Fiktion des § 14 I Nr. 1 KSchG, KSchG findet auf Organvertreter keine Anwendung

§ 14 I Nr. 1 KSchG enthält eine negative Fiktion. Danach gelten die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nicht in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist. Dies gilt uneingeschränkt jedenfalls dann, wenn die organschaftliche Stellung als Geschäftsführer zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (noch) besteht, BAG 21.09.2017 – 2 AZR 865/16, Rn. 12. Die negative Fiktion des § 14 I Nr. 1 KSchG kommt auch und gerade dann zum Tragen, wenn das der Organstellung zugrunde liegende schuldrechtliche Anstellungsverhältnis materiell-rechtlich als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren wäre, BAG 21.09.2017 – 2 AZR 865/16, Rn. 18.

III. Kein Verstoß gegen Art. 14 I, Art. 12 I und Art. 3 I GG

Der Ausschluss der Organvertreter vom allgemeinen Kündigungsschutz gemäß § 14 I Nr. 1 KSchG ohne Rücksicht auf eine etwaige Arbeitnehmerstellung verstößt nicht gegen Art. 12 I GG. Die unterschiedliche Behandlung von leitenden Angestellten und Mitgliedern gesetzlicher Vertretungsorgane in § 14 KSchG verstößt auch nicht gegen Art. 3 I GG, BAG 21.09.2017 – 2 AZR 865/16, Rn. 28 und 32.

IV. Kein Verstoß gegen Unionsrecht

Es besteht gleichfalls keine unionsrechtliche Regelung, die den Bereich des allgemeinen Schutzes vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses außerhalb der durch Richtlinien geregelten Bereiche der Massenentlassung, des Betriebsübergangs, des Mutterschutzes oder des Schutzes vor Diskriminierung i.S.d. Richtlinie 2000/78/EG zum Gegenstand hat. Der im ersten Abschnitt des Kündigungsschutzgesetzes geregelte Schutz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen fällt nicht in den Anwendungsbereich des Unionsrechts, BAG 21.09.2017 – 2 AZR 865/16, Rn. 20 - 22.

V. Ausnahmefall Treuwidrigkeit und Fälle des Rechtsmissbrauchs

Es ist mit Treu und Glauben i.S.v. § 242 BGB nicht vereinbar, eine unredlich erworbene Rechtsposition oder eine formale Rechtsposition im Widerspruch zu den zugrunde liegenden vertraglichen Beziehungen auszunutzen. Eine Bestellung zum Geschäftsführer kann rechtsmissbräuchlich sein, wenn sie allein mit dem Ziel erfolgt, diesen alsbald entlassen zu können, BAG 21.09.2017 – 2 AZR 865/16, Rn. 36.

VI. Konsequenzen für die Beratungspraxis

Das Interesse der Gesellschaft an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit erfordert die Möglichkeit, einen Anstellungsvertrag von Organmitgliedern auch ohne eine soziale Rechtfertigung nach § 1 KSchG beenden zu können. Der Geschäftsführer einer GmbH unterscheidet sich mit Blick auf seine Rechtsstellung als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft grundlegend von anderen leitenden oder nicht leitenden Arbeitnehmern. Regelmäßig wird sein geringerer Rechts- und Bestandsschutz durch entsprechend hohe Vergütungszahlungen einschließlich Regelungen zur Altersvorsorge, Abfindungs- und Laufzeitregelungen kompensiert. Das Anstellungsverhältnis eines GmbH-Geschäftsführers kann vertragsgerecht auch ohne Vorliegen von besonderen Gründen gekündigt werden. Eine Kündigungsschutzklage des Geschäftsführers vor den Arbeitsgerichten bietet deshalb in der Regel geringe Erfolgsaussichten, vgl. BAG 21.01.2019 – 9 AZB 23/18Rechtsweg Fremdgeschäftsführer, arbeitgeberähnliche Person“.

VII. Handlungsempfehlungen für den risikobewussten Geschäftsführer, Gestaltungsoptionen

Der „Arbeitnehmer-Geschäftsführer“ ist nicht schutzlos gestellt. Neben den unionsrechtlichen Schutzbereichen, vgl. die Danosa-Entscheidung des EUGH 11.11.2010 – C-232/09, besteht durch die zivilrechtlichen Generalklauseln Schutz vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts. Im Übrigen ist dem Geschäftsführer anzuraten, sich bereits bei Abschluss des Anstellungs- bzw. des Geschäftsführerdienstvertrages abzusichern, um seinen fehlenden Bestandschutz nach dem KSchG alternativ zu kompensieren. Als Gestaltungsoptionen stehen – Kenntnis und Verhandlungsmacht des Geschäftsführers vorausgesetzt – zur Verfügung:

  1. die Vereinbarung einer angemessen hohen Geschäftsführervergütung,
  2. die Vereinbarung der direkten vertraglichen Unverfallbarkeit von Zusagen im Bereich der betrieblichen Altersversorgung,
  3. die Vereinbarung einer vertraglichen Abfindung für die Fälle der Kündigung oder des Gesellschafterwechsels (change of control-Klausel)
  4. die Befristung der Laufzeit des Dienstvertrages unter gleichzeitigem Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung (praxisüblich bei Erstabschluss 2, 3 oder 5 Jahre),
  5. die Vereinbarung der automatischen Verlängerung des Anstellungsverhältnisses um eine bestimmte Zeitspanne (praxisüblich 1 Jahr), wenn es nicht vor dem vereinbarten Ende der Befristung wirksam von einer Vertragspartei gekündigt wird,
  6. die Vereinbarung der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes auf das Geschäftsführer-Dienstverhältnis in dem Sinne, dass eine wirksame Kündigung durch die Gesellschaft nur möglich ist, wenn ein Kündigungsgrund im Sinne des KSchG vorliegt (wegen hoher Bindungswirkung absolute Ausnahme bei sehr hoher Verhandlungsmacht des Geschäftsführers).

Auch aus einem ruhenden Arbeitsverhältnis und Tatbeständen, die Sonderkündigungsschutz vermitteln, können sich für den Geschäftsführer im Fall der Trennung wertvolle Bestandsschutzpositionen ergeben, deren rechtliche Behandlung und bestmögliche wirtschaftliche Verwertung bezogen auf den Einzelfall und alle ihn prägenden Umstände taktisch wohl durchdacht sein wollen.

Bei weiteren Fragen und/oder Beratungsbedarf wenden Sie sich an:

Dr. Joachim Holthausen
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Holthausen & Maaß
Fachanwälte für Arbeitsrecht
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Hohenzollernring 103
50672 Köln
Tel.: +49 221 800 1000
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