Cookies helfen uns bei der Bereitstellung unserer Dienste. Durch die Nutzung unserer Website, erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies setzen.

Was ist ein Schutzschirmverfahren?

Das Schutzschirmverfahren ist eine Variante des Insolvenzverfahrens. Das Schutzschirmverfahren wird im Gegensatz zum sog. Regelinsolvenzverfahren nicht durch einen externen Insolvenzverwalter, sondern in Eigenverwaltung geführt. Es ist in § 270b der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Die vorläufige Eigenverwaltung wird mit dem Ziel der frühzeitigen Vorlage eines Insolvenzplans verbunden, um hierdurch eine Sanierung des betroffenen Unternehmens zu erleichtern. Das Schutzschirmverfahren schützt in die Krise geratene Unternehmen vor dem Zugriff der Gläubiger, ohne dass die Betriebe bereits Insolvenz anmelden müssen. Im Unterscheid zu einem regulären Insolvenzverfahren müssen im Zeitpunkt der Antragstellung lediglich die Insolvenzgründe der drohenden Zahlungsunfähigkeit und /oder Überschuldung vorliegen. Eine wirkliche Zahlungsunfähigkeit des insolventen Unternehmens muss also gerade noch nicht vorliegen. Auch im Falle der Galeria Karstadt Kaufhof liegt noch keine Zahlungsunfähigkeit vor.

Weitere Voraussetzung des Schutzschirmverfahrens ist, dass eine Chance auf eine erfolgreiche Sanierung besteht. Ziel ist bei einem Schutzschildverfahren daher die Sanierung und Fortführung des Unternehmens.

Am Ende des Schutzschirmverfahrens steht entweder die fristgerechte Vorlage des Insolvenzplans oder die Aufhebung bzw. Beendigung des Schutzschirmverfahrens. Im Rahmen des Insolvenzplans verzichten die Gläubiger in der Regel auf Teile ihrer Forderungen mit der Erwartungshaltung an eine zukünftige Bedienung aller Forderungen durch das Unternehmen.

Bei Galeria Karstadt Kaufhof muss bis Ende Juni 2020 der Insolvenzplan stehen. Dieser muss dem Amtsgericht Essen, der Gläubigerversammlung, den Sozialpartnern, den Mitarbeitern und allen anderen Beteiligten des Verfahrens vorgestellt werden. Stimmen die Beteiligten diesem Plan nicht zu, wird das Regelinsolvenzverfahren durchgeführt. Dann wird eine Abwicklung des Unternehmens wahrscheinlicher. Für die krisengebeutelte Belegschaft ist die Zeit der Unsicherheit daher leider noch nicht vorbei.

Was bedeutet das Schutzschirmverfahren für die Arbeitnehmer?

Trotz „Schutzschirm“ ist die Schließung von 62 der 172 Warenhäuser bereits beschlossene Sache. Die Sanierer planen zudem massive Lohnkürzungen. Betriebsrenten aus der Pensionsversorgungskasse und Abfindungen werden aktuell nicht gezahlt.

Viele Beschäftigte waren bereits seit März 2020 von Kurzarbeit betroffen und erhielten für die Monate April, Mai und Juni 2020 Insolvenzgeld. Dieses wird von der Agentur für Arbeit in Höhe von 100% des Nettoentgelts für drei Monate gezahlt, sodass ab Juli 2020 wieder der Arbeitgeber den Lohn zahlen muss.

Für Arbeitnehmer, die bereits einen Aufhebungsvertrag oder im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens einen Vergleich mit einer Abfindungszahlung vereinbart, die Abfindung aber noch nicht erhalten haben, bedeutet das Schutzschirmverfahren zwar keinen automatischen Stopp der Auszahlung. Gleichwohl verhält es sich wohl so, dass Galeria Karstadt Kaufhof die Abfindungen, selbst wenn der Anspruch noch vor Beginn des Schutzschirmverfahrens entstanden ist, nicht auszahlt. Selbst aus gerichtlichen Vergleichen kann gegen Galeria Karstadt Kaufhof nicht vollstreckt werden, wenn nicht gezahlt wird. Galeria Karstadt Kaufhof ist durch das Schutzschirmverfahren vor Zwangsvollstreckungen geschützt. Daher existiert zur Zeit kein Druckmittel für die Arbeitnehmer, obwohl die im gerichtlichen Vergleich vereinbarte Beendigung des Arbeitsverhältnisses feststeht. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn im Vergleich zur Absicherung Vorkehrungen getroffen wurden, wie z.B. die Sicherung der Abfindung durch Bankbürgschaft, die aufschiebende Bedingung der Abfindungszahlung für die Wirksamkeit des Prozessvergleichs oder ein Rücktrittsrecht vom Aufhebungsvertrag bzw. vom Prozessvergleich, falls Galeria Karstadt Kaufhof die Abfindung nicht fristgerecht auszahlt.

Mit Blick auf eine bereits vereinbarte bzw. tenorierte Abfindung hat der Fall des Scheiterns des Insolvenzplans und der Einleitung des Regelinsolvenzverfahrens weitreichende Folgen. In Bezug auf die Werthaltigkeit einer an den Arbeitnehmer zu zahlenden Abfindung ist deren korrekte Einordnung in das Rangsystem nach der InsO entscheidend. Es gilt dabei, zwischen Abfindungsansprüchen zu differenzieren, die vor und nach der Insolvenzeröffnung entstanden sind.

Abfindungsansprüche, die bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, sind in vielen Fällen leider verloren bzw. erweisen sich häufig als wertlos. Als Insolvenzforderung, § 38 InsO, sind sie zur Insolvenztabelle anzumelden. Eine Erfüllung erfolgt damit nur zur Quote, oftmals „Quote 0“.

Wird hingegen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Kündigungsschutzprozess gegen den Insolvenzverwalter fortgesetzt und schließen die Parteien einen Abfindungsvergleich, handelt es sich bei dem Abfindungsanspruch i.d.R. um eine Masseverbindlichkeit, § 55 InsO (vgl. BAG, Urt. v. 16.6.2002 – 10 AZR 180/01, NZA 2002, 974). Dieser Anspruch ist i.d.R. werthaltig, nur bei einer Masseunzulänglichkeit gilt wiederum „außer Spesen nichts gewesen“.

Im Fall der Kündigung können Arbeitnehmer mit einer Kündigungsschutzklage reagieren. Gegebenenfalls werden Arbeitnehmern auch Aufhebungsverträge angeboten. Sollte das Regelinsolvenzverfahren eröffnet werden, ist bezüglich der Kündigungsfristen zu beachten, dass die Kündigungsfrist drei Monate zum Monatsende beträgt, wenn nicht eine kürzere Frist maßgeblich ist. Diese verkürzte Kündigungsfrist gilt auch dann, wenn grundsätzlich längere Kündigungsfristen, Befristungen oder Unkündbarkeitsregelungen durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder Arbeitsvertrag für den betreffenden Arbeitnehmer bestehen!

Ungeachtet dessen sollten Sie als Arbeitnehmer gegen eine Kündigung in jedem Fall vorgehen. Binnen einer Frist von 3 Wochen nach Zugang müssen Sie als Arbeitnehmer beim zuständigen Arbeitsgericht gegen die Kündigung eine Klage erhoben haben, sonst gilt die Kündigung als wirksam und beendet das Arbeitsverhältnis. Deshalb ist gerade bei einer Kündigung eine schnelle und fachkundige Reaktion geboten, die alle Ihre Rechte umfassend wahrt und durchsetzt. Hierbei unterstützen, beraten und vertreten wir Sie gerne. Ebenso stehen wir Ihnen bei allen vorstehenden Problemstellungen im Zusammenhang des Schutzschirms- bzw. Insolvenzverfahrens gerne beratend und vertretend zur Seite.

Kontaktieren Sie uns unter:

Holthausen & Maaß,
Rechtsanwälte, Fachanwälte für Arbeitsrecht, Partnerschaft mbB
Tel.: 0221/800100-0
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
Internet: www.holthausen-maass.de