Das Coronavirus betrifft mittlerweile zahlreiche, insbesondere auch kleinere und mittelständische Unternehmen. Eine kurzfristige, bewährte Option zur Entlastung von Unternehmen und Arbeitgebern angesichts der bestehenden Corona-Krise stellt die Anordnung von Kurzarbeit durch den Arbeitgeber dar.
Kurzarbeit ist die vorübergehende Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit bei entsprechender Reduzierung der Vergütung aufgrund eines erheblichen Arbeitsausfalls. Hierbei kann die Arbeitszeit anteilig oder vollständig (sog. „Kurzarbeit Null“) verringert werden. Mittels Kurzarbeit sollen vorübergehende Krisen überwunden und betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.
Die insofern zuständige Bundesagentur für Arbeit hat bereits Bereitschaft signalisiert, bei Betriebseinschränkungen aufgrund des Coronavirus durch Gewährung von Kurzarbeitergeld zu helfen. Zudem hat der Bundestag am 13.03.2020 ein umfassendes Hilfspaket („Gesetz zu befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“) verabschiedet, um die Auswirkungen der Corona-Virus Krise auf die deutsche Wirtschaft abzuschwächen.
Betriebe, die Kurzarbeitergeld beantragen möchten, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Leider ist das Verfahren nicht ganz einfach und benötigt zudem etwas zeitlichen Vorlauf.
Wir helfen Ihnen gerne jederzeit – sei es durch eine umfassende Beratung über die arbeitsrechtlichen Voraussetzungen der Einführung von Kurzarbeit oder mit Blick auf die notwendigen Anzeigen bzw. Antragstellungen bei der Bundesagentur für Arbeit.
Bitte beachten Sie die nachfolgenden Voraussetzungen:
1. Die Einführung von Kurzarbeit erfordert eine arbeitsvertragliche Grundlage!
Kurzarbeit greift in die Hauptleistungspflichten von Arbeitgeber (Vergütung) und Arbeitnehmer (Arbeitsleistung) ein. Die Einführung von Kurzarbeit bedarf daher einer arbeitsrechtlichen Grundlage! Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, Kurzarbeit einseitig kraft seines Direktionsrechts einzuführen!
Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit
Besteht ein Betriebsrat, kann der Arbeitgeber mit diesem eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit abschließen. Der Betriebsrat hat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kurzarbeit.
Arbeitsvertragsänderung zur Einführung von Kurzarbeit
Enthalten Arbeitsverträge keine entsprechenden Vertragsklauseln (Kurzarbeitskaluseln), muss an die Vernunft der Arbeitnehmer appelliert werden, um eine entsprechende Vereinbarung einvernehmlich abschließen zu können. Die Einführung von Kurzarbeit erfordert eine Arbeitsvertragsänderung. Wir können Ihnen bei der Erstellung einer solchen Vereinbarung behilflich sein. Zwar können Arbeitgeber im Falle des fehlenden Einverständnisses der Arbeitnehmer eine sog. Änderungskündigung in Betracht ziehen. Dieses arbeitsrechtliche Instrument ist in der Praxis wegen der Einhaltung der Kündigungsfristen jedoch nicht zeitnah umzusetzen und in der Regel aufgrund der hohen Anforderungen auch nicht erfolgsversprechend.
2. Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld
Weitere Voraussetzung für Kurzarbeitergeld ist, dass ein erheblicher Arbeitsausfall gemäß § 96 SGB III gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn
- er auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis beruht,
- er vorübergehend ist,
- er nicht vermeidbar ist,
- im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens einem Drittel – nunmehr wegen des Coronavirus mindestens 10 Prozent – der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 Prozent ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind.
Erfreulicher Weise hat sich Bundesagenturen für Arbeit dahingehend positioniert, dass durch das Coronavirus verursachte Arbeitsausfälle einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld gewähren können. Demnach können betroffene Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld erhalten, „wenn Unternehmen aufgrund der weltweiten Krankheitsfälle durch das Corona-Virus Kurzarbeit anordnen und es dadurch zu Entgeltausfällen kommt (…). Voraussetzung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ist, dass die üblichen Arbeitszeiten vorübergehend wesentlich verringert sind.“ Die Mitteilungen dürfen allerdings nicht als Freifahrtschein für die Gewährung von Kurzarbeitergeld im Zusammenhang mit dem Coronavirus missverstanden werden. Erforderlich ist immer noch ein nicht vermeidbarer, erheblicher Arbeitsausfall!
Die Verlautbarungen der Bundesagentur zu diesem Thema erwecken den Eindruck, als sollten diese Kriterien im Corona-Fall großzügig zugunsten der Unternehmen bzw. den anspruchsberechtigten Arbeitnehmern ausgelegt werden. Welche Maßstäbe in der Praxis tatsächlich angelegt werden, wird sich zeigen.
Zu beachten ist, dass der Arbeitsausfall unvermeidbar sein muss. Mit Blick auf etwaigen Urlaub ist zu beachten, dass vom Arbeitgeber eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zur Vermeidung von Kurzurlaub gegen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer nicht gefordert werden kann. Nur wenn Urlaub, z.B. durch Eintragung in die Urlaubsliste, durch Urlaubspläne oder Betriebsferien auf einen konkreten Zeitraum bereits festgelegt wurde, der von der Kurzarbeit erfasst wird, und von der vorgesehenen Urlaubsplanung nur wegen der Kurzarbeit abgewichen werden soll, liegt ein vermeidbarer Arbeitsausfall vor. Hinsichtlich negativer Arbeitszeitkonten galt bislang, dass diese erst einmal ausgeglichen werden mussten. Mit der gesetzlichen Neuregelung vom 13.03.2020 kann nunmehr hierauf verzichtet werden.
Die neuen Regelungen geltend rückwirkend ab dem 01.03.2020! Unternehmen können daher schon jetzt die Neuregelungen in Anspruch nehmen und entsprechende Anträge stellen!
3. Hinweise zum Verfahren
Der Arbeitsausfall muss gemäß § 99 SGB III der am Betriebssitz örtlich zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich oder elektronisch angezeigt werden.
Kommt grundsätzlich Kurzarbeitgebergeld in Betracht, hat der Arbeitgeber gem. § 99 Abs. 1 SGB III gegenüber der zuständigen Agentur für Arbeit glaubhaft zu machen, dass ein erheblicher Arbeitsausfall besteht und die betrieblichen Voraussetzungen für das Kurzarbeitergeld erfüllt sind. Bestätigt die Agentur für Arbeit, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind, hat der Arbeitgeber innerhalb von drei Monaten in einem zweiten Schritt das Kurzarbeitergeld zu beantragen. Die Anzeige des Arbeitsausfalls ist für die Fristwahrung nicht ausreichend!
Wichtig: Kurzarbeitergeld wird frühestens von dem Kalendermonat an geleistet, in dem der Arbeitsausfall angezeigt wurde, eine rückwirkende Zahlung erfolgt darüber hinaus nicht!
Die konkrete Berechnung und Auszahlung des Kurzarbeitergeldes an die einzelnen Arbeitnehmer erfolgt gemäß § 320 SGB III durch den Arbeitgeber, die Bundesagentur für Arbeit zahlt in einer Summe an den Arbeitgeber.
Die Gewährung von Kurzarbeitergeld führt nicht zu einer vollständigen Entlastung des Arbeitgebers. Das Kurzarbeitergeld gleicht auch nicht den gesamten Entgeltausfall des Arbeitnehmers aus, sondern lediglich 60 % bzw. 67 % (bei Arbeitnehmern mit Kindern) der Nettoentgeltdifferenz. Zudem blieb der Arbeitgeber bislang weiterhin zur Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge auf das gesamte Entgelt verpflichtet. Nach dem Hilfspaket der Bundesregierung übernimmt die Arbeitsagentur nunmehr die vollen Sozialversicherungsbeiträge für das Kurzarbeitergeld.
Autor: Dr. Kirstin Maaß
Veröffentlicht: 16.03.2020
Letzte Änderung: 27.03.2020