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I. Muss der Arbeitnehmer zur Arbeit kommen?

Die aktuelle Krisensituation und Gefährdung in Zeiten von Corona ändert – vorbehaltlich behördlicher Anordnungen und Verbote – nichts an der arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitspflicht des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Die Angst vor einer möglichen Infektion mit dem Corona-Virus ist keine Rechtfertigung oder Entschuldigung, nicht ordnungsgemäß zur Arbeit zur erscheinen. Selbstredend sollte aber bei einschlägigen Symptomen ein Arzt konsultiert werden, der ggf. eine Erkrankung feststellt, was dann eine Arbeitsunfähigkeit bei Entgeltfortzahlung zur Folge hätte. Nur in besonderen Ausnahmefällen, wenn es im Unternehmen etwa zu bestätigten Infektionen gekommen ist und der Arbeitgeber keine geeigneten Schutzmaßnahmen ergreift, kann man als Arbeitnehmer(in) ggf. seine Arbeitsleistung zurückhalten/verweigern. Im Einzelfall kann ggf. auch bei Arbeitnehmern, die zu einer Risikogruppe (Alter/Vorerkrankung/Behinderung) zählen, ein Recht bestehen, die Arbeit im Büro zu verweigern. Diese Fälle bedürfen zur rechtlichen Absicherung aber stets einer eingehenden Einzelprüfung, um Rechtsverlusten auf Arbeitnehmerseite oder Sanktionen durch den Arbeitgeber bis hin zu einer außerordentlichen verhaltensbedingten Kündigung entgegenzuwirken.

II. Habe ich als Arbeitnehmer einen Anspruch auf „Arbeit im Home-Office“?

Es gibt kein generelles „Recht auf Home-Office“. Ohne kollektiv-rechtliche Grundlage (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung), arbeitsvertragliche Regelung oder individuelle Absprache ist man als Arbeitnehmer(in) nicht berechtigt, wegen Corona eigenmächtig im „Home-Office“ – gleiches gilt für Telearbeit und Mobiles Arbeiten – zu arbeiten.
Gibt es Infektionen mit Corona oder konkrete Verdachtsfälle im Unternehmen gibt, muss der Arbeitgeber im Rahmen seiner Fürsorgepflicht sorgfältig abwägen, ob er auf der Anwesenheit im Büro besteht oder auf alternative Beschäftigungsformen ausweichen kann.

III. Besteht eine Arbeitsverpflichtung, wenn ich Kinder betreuen muss?

Zwei Fragen sind zum richtigen Verständnis getrennt voneinander zu stellen:

  1. Ist ein(e) Arbeitnehmer(in) berechtigt, der Arbeit fernzubleiben?
  2. Bekommt der/die Arbeitnehmer(in) trotz des Fernbleibens von der Arbeit weiter ihre Vergütung gezahlt?

Bleibt ein(e) Arbeitnehmer(in) ohne Rücksprache und Abstimmung mit dem Arbeitgeber der Arbeit fern, stellt dies eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung in Form einer Arbeitsverweigerung dar, die den Arbeitgeber grundsätzlich zur (ggf. auch außerordentlichen) Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt (Stichwort: unerlaubte Arbeitsverweigerung und unentschuldigtes Fehlen). Dieser Grundsatz gilt auch in Zeiten von Corona, wenn der Arbeitnehmer aus bloßer Angst vor einer Infektion mit dem Corona-Virus nicht zur Arbeit erscheint.

Hat der/die Arbeitnehmer(in) aber betreuungspflichtige Kinder im Alter von unter zwölf Jahren und besteht der Arbeitgeber trotzdem darauf, dass der/die Arbeitnehmer(in) ihrer Arbeit nachkommt, dann ist die Arbeitsverweigerung nach § 275 III BGB ggf. gerechtfertigt. Im Hinblick auf die ihn/sie treffenden Betreuungspflichten darf der/die Arbeitnehmer(in) seine/ihre Arbeitsleistung zurückhalten und ist entschuldigt. Selbstredend muss der Arbeitgeber aber unverzüglich informiert werden.

Nach § 616 BGB wird der zur Dienstleistung Verpflichtete des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Diese in Arbeitsverträgen oft wirksam ausgeschlossene Norm gewährt nach den Vorgaben der Rechtsprechung die Fortzahlung der Vergütung für etwa bis zu einer Woche (bzw. 5 – 10 Tage). Entscheidend ist, wie lange es für den/die Arbeitnehmer(in) dauert, eine Betreuung der Kinder zu organisieren. Dabei ist einzelfallbezogen auch zu prüfen, inwieweit nicht in Teilzeit gearbeitet werden kann oder der andere Elternteil zur Betreuung zur Verfügung steht. Wie immer geht es also um eine Berücksichtigung der wechselseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien und ihren gerechten Ausgleich.

IV. Wie muss der Arbeitgeber mit Verdachtsfällen und nachgewiesen Infektionen umgehen?

Den Arbeitgeber trifft gegenüber seinen Arbeitnehmern die allgemeine Fürsorgepflicht, die ihn ihnen gegenüber auch zum Schutz ihrer Gesundheit verpflichtet. Im Rahmend dieser Pflicht muss der Arbeitgeber Risiken minimieren. Er muss die Beschäftigten über Risiken aufklären. Eine gute Übersicht liefert insoweit das Robert Koch Institut. In der Corona-Krise ist eine zeitnahe Abstimmung mit dem örtlichen Gesundheitsamt, die Befolgung der behördlichen Anordnungen ebenso geboten wie die unverzügliche Einschaltung des Betriebsarztes. Kurzum hat der Arbeitgeber alle geeigneten, zur Verfügung stehenden Maßnahmen zur Gefahrenabwehr zu treffen, wie etwa die Schließung der Kantine, die Reduzierung bzw. den Ersatz von Dienstreisen und die generelle Reduzierung persönlicher Kontakte, etwa durch Home-Office und/oder rollierende Einsatzkonzepte. Verhaltensvorschriften, wie etwa der Verzicht auf Händeschütteln, die Einhaltung persönlicher/räumlicher Distanz, die Einrichtung von Desinfektionsmöglichkeiten, die Aufforderung zum infektionshemmenden Händewaschen, etc. sind zur Prävention ebenfalls angezeigt. Arbeitnehmer sind für die unverzügliche Mitteilung krankheitsbedingter Symptome und sowohl ihre Eigen- als auch Fremdverantwortung zu sensibilisieren (hierzu nachstehend VI.). Bei der Quarantänisierung der Beschäftigten für 14 Tage sind die Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zu beachten, Mitarbeiter sind bei fortbestehender Vergütungsansprüchen freizustellen (vgl. hierzu nachstehend VII.).

V. Darf der Arbeitgeber danach fragen, wo der Arbeitnehmer seinen Urlaub verbracht hat bzw. ob er sich in ausgewiesenen Risikogebieten aufgehalten hat?

Die Frage nach dem Urlaubsort oder dem Aufenthalt in bestimmten, von der Pandemie betroffenen Gebieten während der Freizeit hat in der derzeitigen Situation von Corona einen direkten Bezug zur vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung. Um Verdachts- oder Krankheitsfälle zu identifizieren und dadurch die Belegschaft vor Ansteckung und Infizierung zu schützen, hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse den/die Arbeitnehmer(in) um wahrheitsgemäße Auskunft zu ersuchen.

VI. Muss der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber eine Corona-Infizierung/Erkrankung anzeigen?

Das Coronavirus unterliegt nach dem IfSG der behördlichen Meldepflicht. Bei einer positiven Diagnose müssen die Ärzte sofort unter Angabe der persönlichen Daten des Erkrankten die Erkrankung dem zuständigen Gesundheitsamt mitteilen. Das BMAS stellt in diesem Kontext fest: „Wurde bei einem Arbeitnehmer eine Erkrankung an Corona festgestellt, kann der Arbeitgeber Auskunft hierüber verlangen, damit er seinen Fürsorge- und Schutzpflichten nachkommen und die gesundheitlichen Belange anderer Arbeitnehmer schützen kann.“ Aus der wechselseitigen Treue- und Rücksichtnahmepflicht folgt, dass der Arbeitnehmer eine Erkrankung pro aktiv und unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen hat, um Schäden von dessen Rechtsgütern und insbesondere der Belegschaft insgesamt so weit es geht zu verhindern.

VII. Wer trägt das Lohnrisiko, wenn der Arbeitnehmer in Quarantäne gesetzt wird?

Die Gesundheitsbehörden dürfen Maßnahmen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) – beispielsweise Quarantäne – anordnen. In diesem Fall steht den Mitarbeitern kein Anspruch ggü. dem Arbeitgeber auf Entgeltfortzahlung zu, da sie nicht arbeitsunfähig sind. Abweichend zur normalen Entgeltfortzahlung nach dem EFZG im Fall der Krankheit gewährt § 56 I IfSG dem Arbeitgeber einen Entschädigungsanspruch, wenn das örtliche Gesundheitsamt Schutzmaßnahmen für den erkrankten Arbeitnehmer anordnet. Die Gesundheitsbehörden sind nach dem IfSG berechtigt, die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Aktuell werden in der Corona-Pandemie insbesondere Quarantänemaßnahmen nach § 30 IfSG angeordnet. Der Arbeitnehmer erhält in diesem Fall eine Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls, wobei als Verdienstausfall das Arbeitsentgelt gilt. Die Entschädigung wird entsprechend zum EFZG für einen Zeitraum von sechs Wochen gewährt. Hieran schließt sich wiederum ggf. ein Anspruch auf Krankengeld an. Der Arbeitgeber ist gemäß § 56 V S. 1 IfSG vorleistungspflichtig und hat längstens für sechs Wochen die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die gezahlten Entschädigungen werden dem Arbeitgeber gemäß § 56 V S. 2 IfSG auf Antrag von der Behörde erstattet. Der Antrag ist nach § 56 XI IfSG innerhalb von drei Monaten nach Einstellung der verbotenen Tätigkeit zu stellen. Diese Frist ist vom Arbeitgeber zu beachten, um einen Rechtsverlust auszuschließen.

VIII. Wie sieht die Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit im Fall der Kurzarbeit aus?

Für die Beantwortung dieser Frage kommt es darauf an, ob die Arbeitsunfähigkeit bereits vor oder erst während der Kurzarbeit bzw. dem Bezug von Kurzarbeitergeld beim Arbeitnehmer eingetreten ist bzw. eintritt.

1. Bei einer Erkrankung vor Beginn der Kurzarbeit

Ist die Erkrankung des Arbeitnehemrs vor der Einführung der Kurzarbeit eingetreten und besteht noch ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber (das heißt der Zeitraum von 6 Wochen Entgeltfortzahlung ist noch nicht verstrichen), und der Arbeitnehmer wäre, wäre er gesund, von der Kurzarbeit betroffen, besteht ein Anspruch auf Entgelt­fortzahlung für die verkürzte Arbeitszeit und ein Anspruch auf Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergelds für die kurzarbeitsbedingten Ausfallstunden (vgl. § 47b IV SGB V) – das heißt das Kurzarbeitergeld wird als Krankengeld kalkuliert. Wäre der Arbeitnehmer von Kurzarbeit Null betroffen, erhält der Arbeitnehmer Krankengeld in Höhe des Kurzarbeitergelds für die kurzarbeitsbedingten Ausfallstunden. Besteht kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber (d.h. der Zeitraum von 6 Wochen Entgeltfortzahlung ist bereits verstrichen) und wäre der Arbeitnehmer, wäre er gesund, von der Kurzarbeit betroffen, steht ihm ausschließlich ein Anspruch auf Krankengeld zu.

2. Erkrankung während Kurzarbeit

Wenn der Arbeitnehmer im Kurzarbeits-Zeitraum oder an dem Tag, an dem dieser beginnt, erkrankt, besteht ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld, solange ihm ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts im Krankheitsfall zusteht oder ohne den Arbeitsausfall bestehen würde. Der Arbeitnehmer erhält vom Arbeitgeber für die verkürzte Arbeitszeit infolge der Kurzarbeit eine Entgeltfortzahlung bis zu 6 Wochen (vgl. § 4 Abs. 3 EFZG) und Kurzarbeitergeld für die kurzarbeitsbedingten Ausfallstunden. Bei Kurzarbeit Null besteht nur ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld.  Nach Ablauf von 6 Wochen (ungeachtet ob eine verkürzte Arbeitszeit oder Kurzarbeit Null eingeführt wurde) besteht für den Arbeitnehmer ausschließlich ein Anspruch auf Krankengeld.

IX. Ist ein Nebenverdienst des Arbeitnehemrs auf das Kurzarbeitergeld anzurechnen?

Zurzeit gilt (noch) der Grundsatz, dass bei Kurzarbeitern, die während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine weitere Beschäftigung aufnehmen, das daraus erziele Entgelt als sogenanntes „Ist-Entgelt“ (tatsächlich erzieltes Entgelt) bei der Berechnung des Kurzarbeitergeldes zu berücksichtigen und dem erzielten Entgelt aus der Hauptbeschäftigung hinzuzurechnen ist. Allerdings soll in dem sog. Sozialschutzpaket der Bundesregierung eine Regelung eingeführt werden, wonach vorübergehend darauf verzichtet werden soll, dass das Entgelt aus neu aufgenommenen Erwerbstätigkeiten auf das Kurzarbeitergeld angerechnet wird, wenn die Tätigkeit in systemrelevanten Branchen erfolgt. Die Regelung soll zunächst vom 01. April bis 31. Oktober 2020 gelten. Das Entgelt aus der Nebenbeschäftigung soll dem Ist-Entgelt für die Berechnung des Kurzarbeitergelds nicht hinzugerechnet werden, soweit das Entgelt aus der neu aufgenommenen Beschäftigung zusammen mit dem Kurzarbeitergeld und dem verbliebenen Ist-Entgelt aus der ursprünglichen Beschäftigung die Höhe des Soll-Entgelts aus der Beschäftigung, für die Kurzarbeitergeld gezahlt wird, nicht übersteigt. Die Nebenbeschäftigung unterliegt darüber hinaus keinen Abgaben zur Arbeitslosenversicherung. Anders ist liegt der Fall, wenn es sich um eine bereits zuvor ausgeübte und lediglich „fortgesetzte“ Nebentätigkeit handelt. Hier erfolgt keine Anrechnung. Dabei gilt keine vorherige Mindestdauer.

Zu beachten ist ferner: Arbeitnehmer sind bei der Aufnahme einer Nebenbeschäftigung während des Bezugs von Kurzarbeitergeld verpflichtet, das daraus erzielte Einkommen durch eine Nebeneinkommensbescheinigung (§ 313 SGB III, Vordruck gibt es bei der Bundesagentur für Arbeit) nachzuweisen. Der Arbeitgeber hat das Einkommen aus einer Nebenbeschäftigung ei der Beantragung des Kurzarbeitergeldes zu berücksichtigen und die Nebeneinkommensbescheinigung der Abrechnungsliste für das Kurzarbeitergeld beizufügen.

X. Muss der Arbeitnehmer in der Corona-Pandemie auf die Weisung des Arbeitgebers hin Urlaub nehmen?

Der Arbeitgeber trägt das Unternehmer- und Betriebsrisiko, mit anderen Worten das Risiko, den Arbeitnehmer aus betriebstechnischen Gründen nicht beschäftigen zu können. Trotz (vorübergehend) fehlenden Arbeitskräftebedarfs schuldet der Arbeitgeber die vertraglich zugesagte Vergütung. Zur Vermeidung des Arbeitsausfalls kann aber auch die Gewährung von Urlaub in Betracht kommen. Grundsätzlich kann aber vom Arbeitgeber eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zur Vermeidung der Kurzarbeit gegen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer (-innen) nicht gefordert werden. Sofern aber der Urlaub z.B. durch Eintragung in die Urlaubsliste, durch Urlaubsplan oder Betriebsferien auf einen Zeitraum festgelegt worden ist, der nunmehr von der Kurzarbeit erfasst wird, und von der vorgesehenen Urlaubsplanung nur wegen der Kurzarbeit abgewichen werden soll, liegt insoweit ein vermeidbarer Arbeitsausfall vor. Das gleiche gilt, wenn die Kurzarbeit gegen Ende des Urlaubsjahres eingeführt wird oder noch übertragene Urlaubsansprüche aus dem vergangenen Urlaubsjahr bestehen und der Arbeitgeber es unterlässt, eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zu treffen, obwohl abweichende Urlaubswünsche der betroffenen Arbeitnehmer(-innen) nicht bestehen oder nicht zu berücksichtigen sind. In diesen Fällen wird für die Dauer des möglichen Urlaubs Kurzarbeitergeld nicht gewährt (vgl. Merkblatt Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit 8a, Ziffer 2.2.4, Vermeidbare Arbeitsausfälle, Seite 13 f.).

XI. Kann während der Kurzarbeit durch den Arbeitnehmer Urlaub genommen werden? Welche Auswirkungen hat die Urlaubsnahme auf die Vergütung?

Der Arbeitnehmer kann während der Kurzarbeit Urlaub nehmen. Das Urlaubsentgelt ist vom Arbeitgeber in der üblichen, dem Arbeitsvertrag entsprechenden Höhe zu gewähren. Verdienstkürzungen, die durch Kurzarbeit eintreten, bleiben unberücksichtigt (§ 11 I Satz 3 BUrlG).

Beispiel:

Der Arbeitnehmer nimmt Urlaub in der dritten Woche eines Kalendermonats, für den Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht. Für die Dauer des Urlaubs erhält der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber das Urlaubsentgelt in ungekürztem Umfang. Das Urlaubsentgelt berechnet sich trotz der Kurzarbeit nach dem ungekürzten Entgelt der letzten 13 Wochen entsprechend § 11 I Satz 3 BUrlG. Arbeitnehmer können also Verdienstausfälle durch Kurzarbeit vermeiden, indem sie Urlaub nehmen. Kurzarbeitergeld steht dem Arbeitnehmer nur für die Nicht-Urlaubstage im Anspruchszeitraum zu, das heißt für die Tage, an denen er verkürzt bzw. wegen der Kurzarbeit gar nicht gearbeitet hat.

XII. Was ist, wenn der Betriebsablauf infolge Infektionen nicht aufrechterhalten werden kann?

Verdachts- und Ansteckungsfälle können im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Betrieb infolge behördlicher Anordnungen stillzulegen ist (§§ 28 ff. IfSG). Auch insoweit trägt der Unternehmer das Betriebs- und Annahmeverzugsrisiko bei (Teil-)Betriebsschließung. Allerdings steht dem Betriebsinhaber ein Entschädigungsanspruch nach § 56 I IfSG zu. Die Höhe der Entschädigung beträgt nach § 56 III Satz 4 IfSG ein Zwölftel des Arbeitseinkommens i.S. des § 15 SGB IV. Das ist der nach den Vorgaben des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Darüber hinaus kann der Betriebsinhaber nach § 56 IV S. 2 IfSG von der zuständigen Behörde die nicht gedeckten Betriebsausgaben in angemessenem Umfang ersetzt verlangen. Der angemessene Umfang ist nicht gesetzlich definiert und bedarf deshalb einer Beurteilung im Einzelfall.

Zur zeitnahen Kostensenkung sind aus Unternehmersicht eine vorausschauende Anordnung, Planung und Umsetzung von Kurzarbeit bei Zahlung von Kurzarbeitergeld anzudenken. Auch der Abbau von Zeitguthaben und Überstunden kann auf der Kostenseite zur Entlastung ebenso angedacht werden wie die einvernehmliche Gewährung von Urlaub für Zeiten der Krise auf einvernehmlicher Basis.

XIII. Kann der Arbeitgeber Kurzarbeit ohne einzelvertragliche Regelung oder ohne die Zustimmung der Arbeitnehmer einseitig anordnen?

Nein, für die Anordnung von Kurzarbeit und den Bezug von Kurzarbeitergeld zur Überbrückung des durch die Corona-Krise ausgelösten (temporären) Arbeitsausfalls benötigt der Arbeitgeber eine einzelvertragliche (Arbeitsvertrag, Ergänzungsvereinbarung zur Kurzarbeit) oder kollektivrechtliche (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung) Grundlage. Diese Voraussetzung fragt die Bundesagentur für Arbeit in der Anzeige des Arbeitgebers über Arbeitsausfall hinsichtlich der betrieblichen Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld unter D. "Angaben zum Betrieb" ab. Sollte es bislang im Betrieb/Unternehmen keine Regelung zur Kurzarbeit geben, ist es zwingend erforderlich, die (schriftliche) Einwilligung jedes von der geplanten Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmers zu ihrer Einführung einzuholen.

XIV. Kann der Arbeitgeber kündigen, wenn der Arbeitnehmer sich der Einführung von Kurzarbeit verweigert?

Vom Grundsatz her darf der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers nicht mit der unzureichenden Begründung kündigen, der Arbeitnehmer habe einer Vertragsänderung und der Einführung von Kurzarbeit nicht zugestimmt. Eine entsprechend begründete Kündigung verstieße gegen das Maßregelungsverbot nach § 612a BGB und den Grundsatz, dass (Arbeits-)Verträge einzuhalten sind. Ist jedoch eine vertragsgerechte Beschäftigung des Arbeitnehmers (dauerhaft) in dem vertraglich vereinbarten Umfang nicht möglich und entschließt sich der Arbeitgeber zu einer den Beschäftigungsbedarf absenkenden Organisations- oder Reorganisationsmaßbnahme, muss der Arbeitnehmer in der derzeitigen Krisensituation zumindest mit einer Änderungskündigung zur Herabbsetzung der Arbeitszeit oder einer betriebsbedingten Beendigungskündigung (bei Beschäftigungsbedarf Null) rechnen. Aber auch in den Zeiten der Corona-Krise gilt in Betrieben mit in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmern nach § 23 KSchG der allgemeine Kündigungsschutz, weshalb eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein muss. Für den kündigungsgeschützen Arbeitnehmer heißt dies, dass er eine Änderungs- oder Beendigungskündigung innerhalb der Klagefrist von drei Wochen nach § 4 KSchG durch Klage vor dem Arbeitsgericht auf ihre rechtliche Wirksamkeit überprüfen lassen kann. Sowohl Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern empfehlen wir in der derzeitigen Situation, sich zu den Möglichkeiten und Grenzen einer Kündigung qualifizierten Rechtsrat einzuholen, um einerseits rechtlich tragfähig zu handeln und andererseits Rechtsverluste auszuschließen.

XV. Kann der Arbeitgeber während der Kurzarbeit betriebsbedingt kündigen?

Ja, aber es gilt den Einzelfall zu prüfen. Die Einführung von Kurzarbeit setz qua Definition und Gesetz (§§ 95 und 96 SGB III ) einen vorübergehenden erheblichen Arbeitsausfall voraus. Entsprechend dokumentiert der Arbeitgeber mit seiner Anzeige der Kurzarbeit und seinem Antrag auf Kurzarbeitgeld, dass er nach seiner betriebswirtschaftlichen Prognose und Planung von einem vorübergehenden Arbeitsmangel ausgeht. Jedoch können sich Prognosen und Planungen als unzutreffend oder unzureichend erweisen. Entsprechend ist nicht ausgeschlossen, dass sich der Beschäftigungsbedarf während der Kurzarbeit abweichend von der Prognose entwickelt. Es obliegt aber dem Arbeitgeber, im Kündigungsschutzprozess darzulegen und ggf. zu beweisen, dass eine Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer  - entgegen der ursprünglichen Prognose - nunmehr dauerhaft entfallen ist. Es müssen dabei über die zur Rechtfertigung der Kurzarbeit verbrauchten Gründe hinaus weitergehende Gründe vorliegen, die ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG begründen (vgl. BAG 23.02.2012 - 2 AZR 548/10).

XVI. Hat Kurzarbeitergeld Auswirkungen auf den Anspruch und die Höhe von Arbeitslosengeld?

Kurzarbeit ist darauf ausgerichtet, Krisenzeiten zu überbrücken, um betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Sollte es dennoch – infolge einer Verschärfung der Lage – zum Ausspruch von betriebsbedingten Kündigungen kommen, entstehen den Arbeitnehmern durch Kurzarbeit keine Nachteile. Zeiten des Bezuges von Kurzarbeitergeld wirken sich nicht negativ auf einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld aus. Der Bezug von Kurzarbeitergeld führt nicht dazu, dass eine grundsätzlich zur Arbeitsförderung versicherungspflichtige Beschäftigung versicherungsfrei wird. Das ist selbst dann nicht der Fall, wenn Beschäftigte im Rahmen der Kurzarbeit keine Arbeitsleistung mehr erbringen (sog. „Kurzarbeit Null“). Zeiten des Kurzarbeitergeldbezuges tragen wie „normale“ Beschäftigungszeiten zur Erfüllung der Anwartschaftszeit für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld bei und werden auch bei der Ermittlung der Anspruchsdauer berücksichtigt. Falls Arbeitnehmer(innen) nach dem Bezug von Kurzarbeitergeld arbeitslos werden, berechnet sich das Arbeitslosengeld nach dem Arbeitsentgelt, das ohne den Arbeitsausfall erzielt worden wäre. Damit ist grundsätzlich gewährleistet, dass Arbeitnehmer(innen) keine leistungsrechtlichen Nachteile erfahren, wenn sie nach dem Kurzarbeitergeldbezug arbeitslos werden sollten (Quelle: BMAS, Fragen und Antworten zu Kurzarbeit und Qualifizierung, 16.03.2020).

XVII. Wer zahlt die Beiträge zur Sozialversicherung auf das ausfallen Arbeitsentgelt?

Für das tatsächlich erzielte beitragspflichtige Arbeitsentgelt während des Anspruchszeitraumes für Kurzarbeitergeld (den sog. Kurzlohn bzw. das Ist-Entgelt) tragen Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Beiträge nach den normalen Grundsätzen. Dieses unterliegt also wie jedes Arbeitsentgelt der Beitragspflicht in der Sozialversicherung. Das Kurzarbeitergeld ist nicht lohnsteuerpflichtig und stellt kein Entgelt im Sinne der Sozialversicherung dar.

Nach bisheriger Regelung galt: Die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für die ausfallende Arbeitszeit bemessen sich nach dem fiktiven Arbeitsentgelt. Neben dem Ist-Entgelt wird also eine weitere Bemessungsgrundlage für die Beitragsberechnung herangezogen, das sog. fiktive Arbeitsentgelt. Dieses beträgt 80% des Unterschiedsbetrages zwischen dem Soll-Entgelt und dem Ist-Entgelt. Das fiktive Arbeitsentgelt wird dabei nur bis zur jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze herangezogen. Für das fiktive Arbeitsentgelt sind nur Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung abzuführen. In der Arbeitslosenversicherung ist es beitragsfrei. Die Beiträge hat der Arbeitgeber allein zu tragen. Das betrifft auch den von allen Mitgliedern der gesetzlichen Krankenversicherung allein zu tragenden zusätzlichen Beitragssatz (bis Ende 2014 den Sonderbeitrag von 0,9% und ab 2015 den krankenkassenindividuellen Zusatzbeitragssatz). Den Beitragszuschlag in der Pflegeversicherung für Kinderlose trägt die Bundesagentur für Arbeit pauschal.

Nach der aktuellen Gesetzesänderung, die am 16.03.2020 in Kraft getreten ist, werden dem Arbeitgeber für Arbeitsausfälle bis zum 31.12.2020 die von ihm während des Bezugs von Kurzarbeitergeld nach § 95 oder nach § 101 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) allein zu tragenden Beiträge zur Sozialversicherung auf Antrag von der Bundesagentur für Arbeit in pauschalierter Form erstattet. Das heißt die Bundesagentur trägt die auf das Kurzarbeitergeld entfallen Sozialversicherungsbeiträge, was die Unternehmen erheblich entlastet (vgl. hierzu den Referentenentwurf des BMAS vom 23.03.2020, Verordnung über Erleichterung der Kurzarbeit [Kurzarbeitergeldverordnung - KugV]) .

XVIII. Wie sieht es mit der Einbindung des Betriebsrats aus?

Da viele Maßnahmen im Unternehmen – auch die Einführung von Kurzarbeit nach § 87 I Nr. 3 BetrVG – der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen, sollte der Betriebsrat in vertrauensvoller Zusammenarbeit in die Planung und Durchführung der Maßnahmen eingebunden werden, auch um einen möglichst umfassenden Rückhalt in der Belegschaft zu sichern.

Besonderer Hinweis zur rechtlichen Beratung:

Auch in der derzeitigen durch die Corona-Epidemie veranlassten Ausnahmesituation stehen wir unseren Mandanten flexibel mit fachanwaltlicher Beratung zu allen arbeits- und dienstrechtlichen Fragen zur Verfügung. Dabei nehmen wir den Gesundheitsschutz und unsere Aufgabe, die Pandemie durch verantwortliches Eigenverhalten einzudämmen, sehr ernst. Wir sind für Sie und Ihre Anliegen durchgehend per Telefon oder Mail erreichbar. Persönliche Beratung in der Kanzlei erfolgt nach telefonischer Terminabsprache im Einzelfall, wobei wir an Sie appellieren, auf Ihre Gesundheit zu achten, um Infektionen soweit es geht, zu vermeiden. Bleiben Sie gesund. Lassen Sie uns vernünftig im Sinne aller mit Verstand und Weitsicht agieren. Gemeinsam meistern wir diese Herausforderung.

Die vorstehenden Fragen wurden durch unsere Mandanten im Rahmen unserer anwaltlichen Tätigkeit an uns herangetragen. Wir sind bemüht, den Fragen- und Antwortenkatalog praxisnah beständig auszubauen, um möglichst vielen Rechtssuchenden ein erste Orientierung in Zeiten von Corona zu ermöglichen. Dabei kann die vorstehende Darstellung aber eine umfassende, einzelfalbezogene qualifizierte Rechtsberatung naturgemäß nicht ersetzen.

Autor: Dr Kirstin Maaß und  Dr. Joachim Holthausen 

Veröffentlicht: 19.03.2020

Letzte Änderung: 27.03.2020