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Der nachstehende Beitrag will in der aktuellen Belastungssituation durch Corona ein grundlegendes Verständnis für Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld schaffen. Er erklärt die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie Hintergründe und zeigt auf, welche Maßnahmen Unternehmen und Manager zeitnah ergreifen können (müssen), um angemessen auf die Krise und die mit ihr einhergehenden Herausforderungen zu handeln.

I. Grundlegende Zielsetzung von Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld

Das Corona-Virus legt die Wirtschaft in Deutschland mit rasanter Geschwindigkeit lahm. In zahlreichen Branchen kommt es dadurch zu massiven Behinderungen, Einschränkungen und Stilllegungen, deren Dauer derzeit mit Blick auf den ungewissen Verlauf der Pandemie nicht abgeschätzt werden kann. Die „wirtschaftliche Vollbremsung“ und Krisensituation geht in der Regel mit einem Arbeits- und Entgeltausfall einher. Zur Abmilderung der hierdurch entstehenden außergewöhnlichen wirtschaftlichen Belastungen haben Arbeitgeber die Möglichkeit, Kurzarbeit einzuführen und Kurzarbeitergeld zu beantragen. Hierbei vereinbart der Arbeitgeber vorübergehend mit dem Arbeitnehmer anteilig oder vollständig (sog. „Kurzarbeit Null“) auf der Grundlage eines Tarifvertrags, einer Betriebsvereinbarung oder einer einzelvertraglichen Absprache eine konkret in ihrem Umfang zu bestimmende Kürzung der Arbeitszeit bei gleichzeitigem proportionalem Gehaltsverzicht. Auf Antrag des Arbeitgebers zahlt die Bundesagentur für Arbeit bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen das Kurzarbeitergeld als teilweisen Ersatz für die durch den vorübergehenden Arbeitsausfall entfallende Vergütung. Der Arbeitgeber wird dadurch bei den Kosten der Beschäftigung der Arbeitnehmer(innen) deutlich entlastet. So können Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer(innen) auch in schwierigen Zeiten, wie aktuell in der Corona-Krise, weiter beschäftigen. Kurzarbeit und Kurzarbeitergeld sind bereits in der Finanzkrise 2008 erprobte und bewährte Mittel, um betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden und die krisenbedingten Schäden in der Wirtschaft und Gesellschaft zu begrenzen.

Die Bundesagentur für Arbeit hat bereits ihre Bereitschaft signalisiert, bei Betriebseinschränkungen aufgrund des Coronavirus durch Gewährung von Kurzarbeitergeld zu helfen. Zudem hat der Bundestag am 13.03.2020 ein umfassendes Hilfspaket („Gesetz zu befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“) verabschiedet, um die Auswirkungen der Corona-Virus Krise auf die deutsche Wirtschaft abzuschwächen. Betriebe, die Kurzarbeitergeld beantragen möchten, müssen die Kurzarbeit zuvor bei der zuständigen Agentur für Arbeit anzeigen. Ob die Voraussetzungen für die Gewährung des Kurzarbeitergelds vorliegen, prüft die zuständige Agentur für Arbeit im Einzelfall. Die Bundesagentur stellt zur Kurzarbeit und Qualifizierung zahlreiche Informationen im Internet zum Abruf zur Verfügung.

II. Welche Bedingungen müssen erfüllt sein, um Kurzarbeitergeld zu erhalten.

Damit Sie Kurzarbeitergeld für Ihre Arbeitnehmer beantragen können, müssen verschiedene Bedingungen erfüllt sein (vgl. §§ 95 ff. SGB III):

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn

  1. ein erheblicher Arbeitsausfall mit Entgeltausfall vorliegt,
  2. die betrieblichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  3. die persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind,
  4. der Arbeitsausfall der Arbeitsagentur angezeigt worden ist,
  5. der/die Arbeitnehmer(in) nach Beginn des Arbeitsausfalls ihre versicherungspflichtige Beschäftigung fortsetzt und seitens des Arbeitgebers keine betriebsbedingte Kündigung erfolgt.

Ein Arbeitsausfall ist erheblich, wenn er

  1. auf wirtschaftlichen Gründen oder einem unabwendbaren Ereignis (z.B. Hochwasser, behördliche Anordnung) beruht,
  2. er vorübergehend ist, das heißt innerhalb der Bezugsdauer grundsätzlich wieder mit dem Übergang zur regulären Arbeitszeit gerechnet werden kann,
  3. er nicht vermeidbar ist (z.B. in bestimmten Grenzen Nutzung und Abbau von Arbeitszeitguthaben) und
  4. im jeweiligen Kalendermonat (Anspruchszeitraum) mindestens 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Diese Schwelle lag bisher bei 1/3 der Belegschaft.

III. Gibt es in der Corona-Krise Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld?

Die Bundesregierung erlässt Erleichterungen für das Kurzarbeitergeld durch Verordnung. Diese gelten befristet bis zum 31.12.2020. Die Voraussetzungen für den Zugang zur Kurzarbeit werden erleichtert und die Arbeitgeber werden von der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge entlastet. Das BMAS hat mitgeteilt, dass die Verordnungsermächtigung mit sofortiger Wirkung umgesetzt wird und die Unternehmen ab sofort (16.03.2020) Kurzarbeitergeld unter Berücksichtigung der verbesserten Regelungen beantragen können. Die Regelungen sollen rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft treten und auch das Kurzarbeitergeld rückwirkend ab dem 01.03.2020 gezahlt werden. Im Einzelnen stellt sich die Situation wie folgt dar (Quelle: BMAS, Fragen und Antworten zu Kurzarbeit und Qualifizierung, 16.03.2020):

  • Ein Betrieb kann bereits Kurzarbeit anmelden, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten im Betrieb von einem Arbeitsausfall betroffen sind. Diese Schwelle liegt bisher bei einem Drittel der Belegschaft.
  • Auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes wird vollständig verzichtet. Das bislang geltende Recht verlangt, dass in Betrieben, in denen Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen genutzt werden, diese auch zur Vermeidung von Kurzarbeit eingesetzt werden.
  • Auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmer können Kurzarbeitergeld beziehen.
  • Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber für ihre kurzarbeitenden Beschäftigten allein tragen müssen, wird die Bundesagentur für Arbeit vollständig erstatten.
  • Für Bezieherinnen und Bezieher von Saison-Kurzarbeitergeld werden die Sozialversicherungsbeiträge nicht aus der Winterbeschäftigungs-Umlage, sondern auch aus Beitragsmitteln erstattet.

IV. Wie weist der Arbeitgeber nach, dass für die Anzeige von Kurzarbeit wirtschaftliche Gründe (= erheblicher Arbeitsausfall) vorliegen?

Im Formular der Bundesagentur für Arbeit betreffend die Anzeige des Arbeitsausfalls werden die Ursachen des Arbeitsausfalls begründet. Das Formular enthält eine Erklärung des Arbeitgebers, dass die Angaben nach bestem Wissen gemacht wurden. Ist eine Betriebsvertretung vorhanden, muss diese den Angaben des Arbeitgebers zustimmen oder eine gesonderte Stellungnahme abgeben.

V. Gelten die gesetzlichen Regelungen zur Kurzarbeit für alle Betriebe?

Ja. Voraussetzung ist, dass mindestenes ein sozialversicherungspflichtiger Arbeitnehmer beschäftigt wird.

VI. Wer hat Anspruch auf Kurzarbeitergeld?

Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben alle ungekündigten Arbeitnehmer(innen), die durch die Kurzarbeit einen Gehaltsausfall von über 10 Prozent haben und weiterhin versicherungspflichtig beschäftigt sind. Ist die sog. Erheblichkeitsschwelle erreicht (mind. 1/3 der Belegschaft hat einen Arbeitsausfall von über 10 Prozent) können auch ungekündigte, versicherungspflichtige Arbeitnehmer(innen), deren Gehaltsausfall 10 Prozent oder weniger beträgt, Kurzarbeitergeld erhalten. Befristet bis zum 31.12.2020 ist die Erheblichkeitsschwelle von einem Drittel auf zehn Prozent der Belegschaft abgesenkt.

Auch ein Fremd-Geschäftsführer kann Kurzarbeitgeld in Anspruch nehmen, weil er sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist.

VII. Werden bei der Berechnung der Mindestquoren auch geringfügig Beschäftigte und Auszubildende mitgezählt?

Geringfügig Beschäftigte zählen mit, Auszubildende (Azubis) nicht.

VIII. Wie schnell kann Kurzarbeit eingeführt werden?

1. Rechtliche Ausgangslage

Die Einführung von Kurzarbeit erfordert eine kollektivrechtliche (Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung) oder einzelvertragliche (Arbeitsvertrag) Grundlage. Kurzarbeit greift in die Hauptleistungspflichten von Arbeitgeber (Vergütung) und Arbeitnehmer (Arbeitsleistung) ein. Die Einführung von Kurzarbeit bedarf deshalb einer wirksamen arbeitsrechtlichen Grundlage! Der Arbeitgeber ist nicht berechtigt, Kurzarbeit einseitig kraft seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) einzuführen! Besteht ein Betriebsrat, kann der Arbeitgeber mit diesem eine Betriebsvereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit abschließen. Enthalten Arbeitsverträge keine entsprechenden Vertragsklauseln, muss an die Vernunft der Arbeitnehmer appelliert werden, um eine entsprechende Vereinbarung einvernehmlich zeitnah abschließen zu können. Die Einführung von Kurzarbeit erfordert eine Arbeitsvertragsänderung. Wir beraten und unterstützen Sie bei der Erstellung und Gestaltung einer entsprechenden Vereinbarung. Zwar können Arbeitgeber im Falle des fehlenden Einverständnisses der Arbeitnehmer eine sog. Änderungskündigung in Betracht ziehen. Dies ist in der Praxis aber – auch mit Blick auf einzuhaltende Fristen und Verfahrensdauern – nicht erfolgsversprechend.

2. Das Verfahren bei der Bundesagentur für Arbeit

Kurzarbeit kann bei Auftragsausfällen durch entsprechende Vereinbarungen zur Reduzierung der Arbeitszeit im Betrieb sehr kurzfristig eingeführt und der örtlichen Agentur für Arbeit angezeigt werden. Der Arbeitgeber berechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus. Anschließend wird ein Erstattungsantrag bei der örtlichen Agentur für Arbeit gestellt, die nach Prüfung der Antragsunterlagen das gezahlte Kurzarbeitergeld dem Arbeitgeber umgehend erstattet. Offene Fragen können schnell und unbürokratisch mit der Agentur für Arbeit vor Ort geklärt werden.

IX. Muss ein Arbeitgeber für das ganze Unternehmen Kurzarbeit anzeigen oder können auch nur Abteilungen betroffen sein?

Kurzarbeit muss nicht für den gesamten Betrieb bzw. das Unternehmen eingeführt und angezeigt werden. Die Kurzarbeit kann auch auf einzelne Betriebsabteilungen beschränkt sein.

X. Welchen Umfang kann der Arbeitsausfall für Arbeitnehmer(innen) in Kurzarbeit haben?

Ob der Arbeitsausfall Stunden, Tage oder sogar Wochen umfasst, richtet sich nach der Auftragslage und den Vereinbarungen im Unternehmen. Bei der „Kurzarbeit null“ beträgt der Arbeitsausfall 100 Prozent, das heißt die Arbeit wird für eine vorübergehende Zeit vollständig eingestellt.

XI. Was ist bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld zu beachten?

Die Anzeige und die Beantragung von Kurzarbeitergeld erfolgen in einem zweistufigen Verfahren:

  • Der Arbeitsausfall wird vom Arbeitgeber oder von der Betriebsvertretung bei der zuständigen Agentur für Arbeit schriftlich angezeigt (vgl. die Hinweise der Bundesagentur zum Antragsverfahren). Zuständig ist die Agentur für Arbeit, in deren Bezirk der Betrieb seinen Sitz hat. Die Agentur für Arbeit entscheidet unverzüglich, ob die Voraussetzungen für die Zahlung von Kurzarbeitergeld dem Grunde nach vorliegen. Der Arbeitgeber errechnet das Kurzarbeitergeld und zahlt es an seine Beschäftigten aus.
  • Im Anschluss daran richtet der Arbeitgeber einen schriftlichen Antrag auf Erstattung des von ihm verauslagten Kurzarbeitergeldes an die Agentur für Arbeit in deren Bezirk die für den Arbeitgeber zuständige Lohnabrechnungsstelle liegt. Der Antrag ist innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten einzureichen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Kalendermonats (Anspruchszeitraums), in dem die Tage liegen, für die Kurzarbeitergeld beantragt wird. Unternehmen, die Beratungsbedarf bei der Beantragung haben, können sich an ihre örtliche Agentur für Arbeit oder an den Arbeitgeberservice der Bundesagentur für Arbeit unter der Rufnummer: 0800/455520 wenden. Auf der Website der Bundesagentur sind die notwendigen Formulare sowie eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes verfügbar (www.arbeitsagentur.de, vgl. die vorstehenden Verlinkungen).

XII. Welche Rolle spielt der Betriebsrat bei der Einführung von Kurzarbeit?

Voraussetzung für die erfolgreiche Einführung von Kurzarbeit in einem Unternehmen ist, dass der Betriebsrat – sofern vorhanden – ihrer Einführung zustimmt. In Unternehmen ohne Betriebsrat und ohne tarifvertragliche Regelungen zur Kurzarbeit müssen alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kurzarbeit zustimmen. Einseitig kann der Arbeitgeber Kurzarbeit ohne tragfähige Rechtsgrundlage nicht einführen. Sofern Sie an dieser Stelle keinen belastbaren Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen und ihre rechtliche Situation haben, sollten Sie als Arbeitgeber an dieser Stelle schnellstmöglich qualifizierten Rechtsrat von einem Rechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht einholen.

XIII. Was passiert, wenn sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht auf die Einführung von Kurzarbeit verständigen können?

Nach § 87 I Nr. 3 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung von Kurzarbeit. Das bedeutet: Können sich Arbeitgeber und Betriebsrat in der Frage, ob und wie Kurzarbeit eingeführt werden soll, nicht einigen, kann sowohl der Arbeitgeber als auch der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat (§ 87 II BetrVG). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die Einigungsstelle mit Kosten und insbesondere Zeitverzögerungen verbunden ist, für die es in der derzeitigen Druck- und Zwangslage nur wenig Spielraum gibt. Deshalb sollten die Betriebsparteien in der derzeitigen Situation alles daransetzen, gemeinsam für das Unternehmen und die gesamte Belegschaft ein gute, tragfähige Lösung zu finden, die einerseits das Unternehmen entlastet und andererseits Beschäftigung sichert.

XIV. Müssen Beschäftigte ihren Resturlaub vor Beginn des Bezugs von Kurzarbeitergeld genommen haben?

Zur Vermeidung des Arbeitsausfalls kann auch die Gewährung von Urlaub in Betracht kommen. Grundsätzlich kann aber vom Arbeitgeber eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zur Vermeidung der Kurzarbeit gegen die Urlaubswünsche der Arbeitnehmer (-innen) nicht gefordert werden. Sofern jedoch der Urlaub z.B. durch Eintragung in die Urlaubsliste, durch Urlaubsplan oder Betriebsferien auf einen Zeitraum festgelegt ist, der von der Kurzarbeit nunmehr erfasst wird, und von der vorgesehenen Urlaubsplanung nur wegen der Kurzarbeit abgewichen werden soll, liegt insoweit ein vermeidbarer Arbeitsausfall vor. Das gleiche gilt, wenn die Kurzarbeit gegen Ende des Urlaubsjahres eingeführt wird oder noch übertragene Urlaubsansprüche aus dem vergangenen Urlaubsjahr bestehen und der Arbeitgeber es unterlässt, eine Bestimmung über den Antritt des Urlaubs zu treffen, obwohl abweichende Urlaubswünsche der betroffenen Arbeitnehmer(-innen) nicht bestehen oder nicht zu berücksichtigen sind. In diesen Fällen wird für die Dauer des möglichen Urlaubs Kurzarbeitergeld nicht gewährt (vgl. Merkblatt Kurzarbeitergeld der Bundesagentur für Arbeit 8a, Ziffer 2.2.4, Vermeidbare Arbeitsausfälle, Seite 13 f.).

XV. In welcher Höhe wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Das Kurzarbeitergeld berechnet sich nach dem Nettoentgeltausfall. Die Kurzarbeiter erhalten grundsätzlich 60 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt mindestens ein Kind mit im Haushalt beträgt das Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Eine Tabelle zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes finden Sie auf der Website der Bundesagentur für Arbeit (www.arbeitsagentur.de). An dieser Stelle finden Sie Unterstützung durch Ihren Steuerberater. 

XVI. Auf welcher Grundlage berechnet sich das Kurzarbeitergeld, wenn der/die Arbeitnehmer(in) über der Beitragsbemessungsgrenze verdient?

Der Berechnung des Kurzarbeitergeldes liegt die Differenz aus dem Ist-Entgelt (tatsächliches Bruttoentgelt im Monat der Kurzarbeit) und dem Soll-Entgelt (beitragspflichtiges Bruttoentgelt, das die Arbeitnehmerin bzw. der Arbeitnehmer ohne den Arbeitsausfall im Anspruchsmonat verdient hätte) zugrunde. Als Soll-Entgelt ist daher grundsätzlich das regelmäßige laufende Arbeitsentgelt im Sinne der Sozialversicherung bis zur Beitragsbemessungsgrenze zu berücksichtigen. Wie beim Arbeitslosengeld ist damit der Entgeltausfall bis zu dem Entgelt abgesichert, bis zu dem Beiträge entrichtet werden (Beitragsbemessungsgrenze 2020 in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung 6.900 € West und 6.450 € Ost). Liegt auch während der Kurzarbeit das erzielte Ist-Entgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, kann daher kein Kurzarbeitergeld gezahlt werden.

XVII. Wie lange wird Kurzarbeitergeld gezahlt?

Die gesetzliche Regel-Bezugsdauer für das Kurzarbeitergeld beträgt 12 Monate. Liegen auf dem gesamten Arbeitsmarkt außergewöhnliche Verhältnisse vor, kann das BMAS durch Rechtsverordnung die Bezugsdauer bis auf 24 Monate verlängern. Kurzarbeitergeld kann darüber hinaus erneut für die vorgenannten Bezugsdauern gewährt werden, wenn seit dem letzten Kalendermonat, für den es gewährt worden ist, 3 Monate vergangen sind und die Anspruchsvoraussetzungen erneut erfüllt sind. In diesen Fällen ist jedoch erneut eine Anzeige über Arbeitsausfall zu erstatten.

XVIII. Wie wirkt sich ein Hinzuverdienst infolge einer Nebenbeschäftigung auf die Höhe des Kurzarbeitergeldes aus?

Wenn die Nebentätigkeit schon vor Beginn der Kurzarbeit durchgeführt wurde, ergeben sich keine Auswirkungen. Es erfolgt keine Anrechnung auf das Kurzarbeitergeld. Nehmen Beschäftigte aber während des Bezugs von Kurzarbeitergeld eine Nebentätigkeit auf, wird das daraus erzielte Entgelt auf das Kurzarbeitergeld angerechnet. Denn es liegt eine Erhöhung des tatsächlichen erzielten Entgelts vor.

XIX. Ist eine Kündigung von Beschäftigten für den Arbeitgeber nicht kostengünstiger?

Der Vorteil von Kurzarbeit besteht darin, dass bei einer Verbesserung der Auftragslage die Arbeitszeit sofort erhöht oder zur regulären Arbeitszeit übergegangen werden kann. Die Mitarbeiter(innen) stehen sofort wieder zur Verfügung und müssen nicht erst gesucht, eingestellt und eingearbeitet werden. Die Ausfallzeiten sind oftmals geringer als bei Entlassungen. Im Falle einer Kündigung haben Arbeitnehmer(innen) zudem bis zum Ablauf der Kündigungsfrist Anspruch auf das volle Arbeitsentgelt, unabhängig davon, ob sie noch in Vollzeit beschäftigt werden können oder nicht. Kurzarbeit reduziert die Kosten für das Unternehmen sofort. 

XXI. Kann der Arbeitgeber während Kurzarbeit kündigen?

Die Kurzarbeit wurde vom Gesetzgeber eigens zu dem Zweck geschaffen, Überbrückungsmöglichkeiten zu bieten, damit Arbeitnehmer(innen) nicht betriebsbedingt gekündigt werden. Gleichwohl sind Fälle denkbar, in denen eine Kündigung bei Kurzarbeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden kann. So kann es in besonderen Situationen, die mit einer schwerwiegenden Bedrohung der wirtschaftlichen Zukunft eines Unternehmens einhergehen, sozial gerechtfertigt sein, trotz Kurzarbeit eine betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Insbesondere ist insoweit an die Fälle zu denken, wenn dem Unternehmen trotz Kurzarbeit und trotz Ausschöpfung aller sonstigen Mittel (Ultima Ratio) eine Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz droht. Falls tatsächlich eine Kündigung erfolgt, kann Kurzarbeitergeld nicht mehr gezahlt werden. Geboten ist in diesem Bereich jeweils eine arbeitsrechtliche Einzelbetrachtung auf Basis einer guten Dokumentationsgrundlage. Das heißt, an dieser Stelle ist einzelfallbezogene, qualifizierte arbeitsrechtliche Beratung geboten, um Rechtsverluste auszuschließen. Festzuhalten gilt damit Folgendes:

Kündigungen kann der Arbeitgeber auch während der Kurzarbeit aussprechen (sowohl aus personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Gründen). Bei einer betriebsbedingten Kündigung müssen aber zu den Gründen der Kurzarbeit noch weitere rechtfertigende Gründe hinzutreten. Mit anderen Worten muss sich nach Einführung der Kurzarbeit die Situation im Unternehmen geändert haben. Denkbare Beispiele insoweit sind:

  • ein weiterer Auftragsrückgang,
  • Hauptkunden oder Lieferbeziehungen brechen weg,
  • Arbeiten werden infolge einer freien unternehmerischen Entscheidung fremdvergeben (Outsourcing).

Die betriebsbedingte Kündigung bei Kurzarbeit darf sich damit nicht ausschließlich auf die Gründe stützen, die zur Anordnung der Kurzarbeit geführt haben. Die Darlegungs- und Beweislast liegt insoweit auf Seiten des Arbeitgebers, der sowohl die Bundesagentur für Arbeit als auch die Gerichte von seiner Auffassung zu überzeugen hat. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts stellt hierzu in seiner Entscheidung vom 23.02.2012 – 2 AZR 548/10, NZA 2012, 852 wie folgt fest:

  1. Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i.S. des § 1 II KSchG besteht nicht, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des Arbeitskräftebedarfs im Betrieb führen (Rn. 18).
  2. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen näher darzulegen, aus denen sich ergeben soll, dass zukünftig auf Dauer mit einem reduzierten Arbeitsvolumen und Beschäftigungsbedarf zu rechnen ist. Das Vorliegen von möglicherweise nur kurzfristigen Produktions- oder Auftragsschwankungen muss ausgeschlossen sein. Dem muss der Inhalt und die Substanz des Sachvortrags Rechnung tragen. Der Arbeitgeber hat den dauerhaften Rückgang des Arbeitsvolumens nachvollziehbar darzustellen, indem er die einschlägigen Daten aus repräsentativen Referenzperioden miteinander vergleicht (Rn. 20).
  3. Wird Kurzarbeit geleistet, so spricht dies dafür, dass die Betriebsparteien nur von einem vorübergehenden Arbeitsmangel und nicht von einem dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf ausgehen. Ein nur vorübergehender Arbeitsmangel wiederum kann eine betriebsbedingte Kündigung nicht rechtfertigen. Dieses aus der Kurzarbeit folgende Indiz kann der Arbeitgeber durch konkreten Sachvortrag entkräften (Rn. 21).
  4. Entfällt die Beschäftigungsmöglichkeit für einzelne von der Kurzarbeit betroffene Arbeitnehmer aufgrund später eingetretener weiterer Umstände oder veränderter wirtschaftlicher und/oder organisatorischer Rahmenbedingungen auf Dauer, so kann trotz der Kurzarbeit ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung bestehen (Rn. 22).
  5. Haben die Betriebsparteien durch die Einführung von Kurzarbeit den Umfang der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf ein Niveau abgesenkt, dass den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen gerade überflüssig macht, so kann ein dringendes betriebliches Kündigungserfordernis regelmäßig erst dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber die Möglichkeit zur Arbeitszeitreduzierung voll ausgeschöpft hat und gleichwohl noch ein Beschäftigungsüberhang besteht (Rn. 22).

Mit Kurzarbeit kann der Arbeitgeber aber nicht die Zeiten einzuhaltender Kündigungsfristen nach Ausspruch einer (betriebsbedingten) Kündigung überbrücken. Betriebsbedingte Kündigung und Kurzarbeit stehen insoweit in einem logischen Widerspruch. Kurzarbeit und die Zahlung von Kurzarbeitergeld setzen ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis voraus. Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis während der Kurzarbeit, endet der bezug von Kurzarbeitergeld mit dem Tag des Zugangs der Kündigung. Ausnahmen können sich ergeben, wenn der Arbeitnehmer fristgerecht gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhebt.

Als maßgebende aktuelle Quelle dieser Information dienen die „Fragen und Antworten zu Kurzarbeit und Qualifizierung“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, Stand: 16.03.2020 abrufbar im Internet unter:

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/kug-faq-kurzarbeit-und-qualifizierung.pdf;jsessionid=80017205C9C9E3CD87A253BBEA0CEDC1?__blob=publicationFile&v=7

 

Autor: Dr. Joachim Holthausen 

Veröffentlicht: 18.03.2020

Letzte Änderung: 27.03.2020